Moser91
Junior Dabei seit: 02.11.2020 Mitteilungen: 6
Herkunft: Olching
Themenstart: 2020-11-02
Hallo liebes Forum,
ich habe hier ein Thema, welches mich gerade bei einer Konstruktionsaufgabe "belastet" 😄.
Um was geht es: Ich konstruiere gerade ein Mischwerkzeug, welches aus einer konischen Wendel besteht. Dieses wird in einem konischen Behälter zum Vermischen von Schüttgut verwendet. Um diese Wendel zu konstruieren, kann ich diese in meinem CAD Programm über eine Gleichung (z.B. mit Zylinderkoordinaten) beschreiben. Die Besonderheit bei dieser Wendel ist, dass die Steigungshöhe P variabel ist, der Steigungswinkel jedoch konstant sein muss.
Folgende Eingaben habe ich:
- Großer Startdurchmesser
- Steigungswinkel der Wendel/Helix/Spirale
- Anzahl der Umdrehungen / oder die Gesamthöhe der Wendel
Die Frage ist nun, ob ihr mir hier helfen könnt eine entsprechende Gleichung zu formulieren? Das wäre mir eine große Hilfe und wurde die Konstruktionsaufgabe erheblich vereinfachen.
viertel
Senior Dabei seit: 04.03.2003 Mitteilungen: 27700
Herkunft: Hessen
Beitrag No.1, eingetragen 2020-11-02
Hi Moser91
Willkommen auf dem Planeten
Meine Meinung nach fehlt noch eine Angabe, nämlich der Endradius des Konus. Denn im Extremfall Startradius=Endradius (also ein Zylinder) ist die Steigung ja konstant.
Nur zur Sicherheit:
Die Neigungswinkel der roten Tangenten (Steigungsdreieck Cyan) sollen alle gleich sein (was sie im Bild natürlich nicht sind, da der Höhenunterschied pro Windung gleich ist)?
Moser91
Junior Dabei seit: 02.11.2020 Mitteilungen: 6
Herkunft: Olching
Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2020-11-02
Servus 1/4
erst mal vielen Dank für deine schnelle Antwort! :)
Du hast vollkommen recht, bei Anfangsradius = Endradius ist der Steigungswinkel konstant! Ich habe eine Angabe vergessen, und zwar den Winkel des Konus (darüber werden unserer Behälter definiert)
Exakt, du hast es richtig beschrieben. Es geht um die rote Tangente. Diese soll in jedem Ort der Helix gleich sein.
Kurzer technischer Hintergrund: Wenn die Steigunghöhe P konstant bleibt, würde sich bei sehr großen Maschinen eine zu hohe Anzahl an Windungen ergeben. Das führt zu höheren Kosten und fertigungstechnischen Schwierigkeiten.
viertel
Senior Dabei seit: 04.03.2003 Mitteilungen: 27700
Herkunft: Hessen
Beitrag No.3, eingetragen 2020-11-03
\(\begingroup\)\(\newcommand\d{\mathop{}\!\mathrm{d}}\)
Muß es eine geschlossene Formel für die Helix sein?
Oder genügt eine schrittweise Berechnung?
So habe ich die Tangenten gezeichnet. Die Helix besteht aus einzelnen geraden Segmenten zwischen Punkten $P_0$, $P_1$, $\dots$, die Tangenten sind durch ein kleines Stück weiter auf der Helix von jedem Punkt $P_i$ berechnet.
Wenn die Schrittweite fein genug ist (wie z.B. die Treppe beim näherungsweisen Berechnen eines Integrals), dann kann man die Helix stückweise berechnen.
Würde das genügen?
Sonst müßte man mit anderen Mitteln rangehen. Und habe keine Idee, wohin das führen könnte.\(\endgroup\)
Moser91
Junior Dabei seit: 02.11.2020 Mitteilungen: 6
Herkunft: Olching
Beitrag No.4, vom Themenstarter, eingetragen 2020-11-04
Hallo 1/4!
Ziel ist erst mal schon eine geschlossene Gleichung bzw. eine stetige Funktion, da ich sonst die Helix nicht in meinem CAD System abbilden kann.
Ich habe bisher schon versucht, die Helix über die Projektion einer Spirale auf einen Kegel zu erhalten. Ich bin hier einfach mal von logarithmischen Spirale ausgegangen. Das führte aber auch nicht zum Ziel.
Da meine Mittelachse des Behälters die y-Achse meines KS darstellt, würden sich auf jeden Fall Zylinderkoordinaten anbieten. Jedoch habe ich hier nicht mehr die volle Erinnerung daran 😁
Wenn du hier evtl. noch einen anderen Ansatz oder Literatur hast, wäre klasse.
Wenn ich die Windungen von dem Konus abwickle, dann habe ich eine Rampe mit konstanter Steigung. Wieder drumwickeln, fertig.
Das Blöde:
Die Länge der Rampe zu berechnen, damit das mit dem Drumwickeln klappt.
Um die benötigte Länge zu berechnen brauche ich aber wiederum die Kurve auf dem Konus.
Und die Katze beißt sich selbst in den Schwanz 🙁
Also muß doch ein Ansatz her, der die Höhe $z=z(\omega)$ (um den Steigungswinkel konstant zu halten) und den Radius $r=r(\omega)$ (damit der Konus keine gebogene Seitenlinie hat) als Funktionen des Drehwinkels $\omega$ hat.
Und hier lassen mich erst mal meine Kenntnisse im Stich. Da müßte ich tiefer einsteigen.
Aber vielleicht hat ja jemand anderes eine passende Idee.\(\endgroup\)
rlk
Senior Dabei seit: 16.03.2007 Mitteilungen: 10951
Herkunft: Wien
Beitrag No.6, eingetragen 2020-11-04
Hallo Moser91,
Zylinderkoordinaten sind eine gute Idee. Mit dem Ansatz von Viertel sind die kartesischen Koordinaten eines Punktes auf der Helix
$$\begin{align}
x&=r(z)\cos\omega \\
y&=r(z)\sin\omega \\
z&=z(\omega)
\end{align}$$
Wie muss die Funktion $r(z)$ aussehen, damit die Punkte auf dem Kegelmantel liegen?
Wie kannst Du den Steigungswinkel berechnen?
Es ergibt sich eine einfache Differentialgleichung für die Funktion $z(\omega)$.
gonz
Senior Dabei seit: 16.02.2013 Mitteilungen: 3733
Herkunft: Harz
Beitrag No.8, eingetragen 2020-11-05
2020-11-04 19:29 - viertel in Beitrag No. 5 schreibt:
Um die benötigte Länge zu berechnen brauche ich aber wiederum die Kurve auf dem Konus.
Reicht es nicht, die Länge der Projektion der Kurve auf der xy-Ebene zugrunde zu legen? Das könnte die Gleichungen vereinfachen. ( Wobei ich noch nicht gerechnet habe) (das ist wahrscheinlich mit "abwickeln" gemeint).
gonz
Senior Dabei seit: 16.02.2013 Mitteilungen: 3733
Herkunft: Harz
Beitrag No.10, eingetragen 2020-11-05
Ich hoffe ich habe mich nirgends vertan. Ich würde so vorgehen:
\ Wir benutzen Zylinderkoordinaten, das heißt jeder Punkt auf der ''Helix'' ist durch Radius und Höhe in Abhängigkeit vom Winkel in der xy-Ebene definiert in Form zweier Funktionen r(\phi) und z(\phi).
Der Konus steht bei mir mit der Spitze im Koordinatenursprung und öffnet sich nach oben. Die Steigung der Konuswand sei k, dh es ist
z(\phi) = k*r(\phi)
Das Streckensegment in Polarkoordinaten (also die Projektion in die xy_Ebene) ist gegeben durch
d\dsl = \sqrt(r'(\phi)^2 + r(\phi)^2)
Sei a die gewünschte Steigung der Helix, das heißt es soll in jedem Punkt gelten:
a = z'(\phi) / (\dsl '(\phi))
Einsetzen liefert die DGL:
a = (k r'(\phi)) / \sqrt(r'(\phi)^2 + r(\phi)^2)
Das sieht erst etwas unschön aus, vereinfacht sich aber zu
was wegen z'(\phi) = k*r'(\phi) in den obigen Gleichungen keine zusätzlichen Probleme bereitet. Tatsächlich ergibt sich nur ein anderer Wert für die Konstante \lambda in der Lösungsfunktion.
Moser91
Junior Dabei seit: 02.11.2020 Mitteilungen: 6
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Beitrag No.13, vom Themenstarter, eingetragen 2020-11-09
Servus Gonz,
erst mal besten Dank für deine Antwort. So ganz habe ich deine Herleitung nicht so ganz verstanden. Was meinst du mit dem Liniensegment dl? Ist in diesem Fall die
r'(\phi)
die Ableitung des Radius?
Und was meinst du im nächsten Schritt mit z'? Könntest du ggf. die Herleitung etwas genauer aufdröseln?
Bitte habe etwas Nachsicht, wir haben hier nur Maschinenbau studiert 😄😉
Aber ich denke, dass wir hier auf einem guten Weg sind!
gonz
Senior Dabei seit: 16.02.2013 Mitteilungen: 3733
Herkunft: Harz
Beitrag No.14, eingetragen 2020-11-09
Alles gut :)
\ Ich parametriere die Kurve durch den Winkel \phi, das heisst die Funktionen r,z und \dsl sind jeweils Funktionen von \phi. Dabei ist \dsl die Länge der Kurve (in der Projektion auf die xy-Ebene).
r'(\phi) ist die Änderung des Radius bei Änderung des Winkels.
Das ''Steigungsdreieck'', also welche Höhendifferenz jeweils in Abhängigkeit von der zurückgelegten Strecke, ist in diesem Fall der Quotient aus der Höhenänderung und der Längenänderung, also z' durch \dsl '.
Moser91
Junior Dabei seit: 02.11.2020 Mitteilungen: 6
Herkunft: Olching
Beitrag No.15, vom Themenstarter, eingetragen 2020-11-09
Vielen Dank für die Erklärung - jetzt hat es klick gemacht.
Angenommen, ich lege meinen Kegel mit der Spitze nach unten zeigend so in mein KS, dass der Mittelpunkt des Kreises mit dem großen Durchmesser im Nullpunkt liegt, gilt für
z(\phi)= -k * r(\phi), oder?
Somit könnte ich meine Wendelkonstruktion mit dem großen Wendel bzw. Kegeldurchmesser - also R0 der Lösungsfunktion - starten.
Ich versuche morgen mal die Gleichungen im CAD abzubilden und berichte dann noch mal :)
rlk
Senior Dabei seit: 16.03.2007 Mitteilungen: 10951
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Beitrag No.16, eingetragen 2020-11-09
Hallo Moser91,
mit den Gleichungen aus Beitrag No. 10 liegt die Spitze des Kegels im Ursprung des Koordinatensystems. Wenn der maximale Radius den Wert $R_0$ haben soll, wähle ein Interval $[\varphi_m, 0]$ für den Polarwinkel $\varphi$.
Moser91
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Herkunft: Olching
Beitrag No.17, vom Themenstarter, eingetragen 2020-11-12
Hallo zusammen,
ich habe die Helix nun mit meinem CAD System abgebildet.
Die Gleichungen ergeben genau das, was gesucht war.
Für die Konstruktion der Wendel mussten wir noch die Innenkontur "erstellen". Da die Wendelblattbreite nicht immer konstant sein muss (Es gibt Fälle, da muss diese mit dem Drehwinkel Phi ab/zunehmen) haben wir dies noch mit berücksichtigt.
Die Ergebnisse für einen Konuswinkel und Steigungswinkel von 20° sehen wie folgt aus:
Dank der Erstellung über eine Gleichungskurve kann ich die Wendel auch als Blechabwicklung ausgeben
An der Stelle nochmals vielen lieben Dank für die ganze Hilfe hier!
Ihr habt uns hier echt mega geholfen:)
Beste Grüße und allen noch eine gute restliche Woche
gonz
Senior Dabei seit: 16.02.2013 Mitteilungen: 3733
Herkunft: Harz
Beitrag No.18, eingetragen 2020-11-12
Super!
Wenn du jetzt den Mantel des Konus noch plottest und darauf die Linie, an der die Rampe "anzukleben" ist, könnte man es probeweise sogar zusammenbauen....
Ich finde es immer klasse, wenn so theoretischer Krams mal praktisch anwendbar ist.
Viel Erfolg mit deinem Projekt jedenfalls,
Grüße - Gonz